Hamburg gewinnt Finale
Überlebenschancen der NFL Europa sind gering
Von Leonhard Kazda, Frankfurt
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Starke Männer mit hängenden Köpfen: Frankfurt Galaxy
24. Juni 2007
Donnerwetter, was für ein Endspiel. 48 000 Footballfans waren am Samstagabend in die Frankfurter Commerzbank-Arena gekommen, um das Finale um die World Bowl zwischen Frankfurt Galaxy und den Hamburg Sea Devils zu sehen. Es war ein bemerkenswertes Spektakel, nicht zuletzt wegen der aufwendigen Show mit Feuerwerk und Flammenfontänen. 28:37 unterlag der Titelverteidiger vom Main den Sea Devils im Wettstreit um die fast 18 Kilogramm schwere Kristallglaskugel.
Die stimmungsvolle Siegerehrung war in ein Meer aus goldgelbem Flitter und Luftschlangen getaucht, die vom Dach der Arena hinabschwebten. Das punktreichste Finale in der Geschichte der Liga bediente auch die gängigen Klischees vom wacker kämpfenden, aber am Ende tief betrübten Verlierer und von den glänzenden Helden aus der neuesten Niederlassung der NFL Europa (National Football League), den Sea Devils.
30 Millionen Dollar pro Jahr für Europa
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John Walker gewann mit den Hamburg Sea Devils
Bei aller Begeisterung über den spektakulären Showdown zum Ende der nur elf Wochen dauernden Saison in der NFL Europa, ist Zurückhaltung ratsam. Denn just zum Sommeranfang begleitete ein Hauch von Herbststimmung das Endspiel. Die Gerüchte über ein bevorstehendes Ende der Liga halten sich. Und auch Uwe Bergheim, der neue Geschäftsführer der NFL Europa, strahlte nicht gerade die ganz große Zuversicht aus, was die Überlebenschancen der aus fünf deutschen (Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg, Köln und Berlin) und einem holländischen Team (Amsterdam) bestehenden Europaliga betrifft.
Innerhalb der nächsten vier Wochen wird eine Entscheidung aus der NFL-Zentrale in New York erwartet, wo das Thema mit den 32 Teameigentümern der NFL-Klubs erörtert werden soll. 30 Millionen Dollar investieren die Eigentümer jährlich in die Liga. In amerikanischen Medien wurde zuletzt offen über ein bevorstehendes Ende dieser Investitionen spekuliert.
„Keine Option ist ausgeschlossen“
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Cheerleader gehören zum reichhaltigen Rahmenprogramm
Auch Bergheim konnte die bestehenden Zweifel über die Zukunftschancen der NFL Europa nicht zerstreuen. Auch ein baldiges Ende der Liga sei denkbar, sagte der NFL-Europa-Chef beim World-Bowl-Finale: „Keine Option ist ausgeschlossen, auch diese nicht.“ Dabei geht die Liga offenbar schon jetzt neue Wege. Das Bild des europäischen Ablegers der NFL bei den Finanziers des Europaprojektes habe sich geändert, berichtete Bergheim.
Bislang galt das 1991 als Weltliga an den Start gegangene Unternehmen als eine Art Entwicklungsliga, aus der die NFL Talente rekrutierte. Die Erwartung, dass in Europa kommende Superstars wie Kurt Warner, der Ende der neunziger Jahre bei den Amsterdam Admirals spielte und 2000 mit den St. Louis Rams das Super-Bowl-Finale der NFL gewann, heranreifen könnten, gibt es wohl kaum noch. In Gesprächen mit den Eigentümern der NFL-Klubs habe sich gezeigt, dass dies inzwischen allenfalls zweitrangig sei, sagte Bergheim. „Die Einstellung der Eigentümer hat sich geändert.“
Ohne Fernsehen keine Zukunft
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In dieser Kristallkugel lässt sich die Zukunft nicht lesen, sie ist der Preis für den World-Bowl-Sieger
Das ist eine neue Entwicklung in der NFL Europa. Denn die Ausbildung von Spielern für die NFL galt bislang als eines der Hauptargumente in der Diskussion um die Existenzberechtigung eines solchen Projektes. Amerikanischen Profis aus der zweiten und dritten Reihe der NFL-Teamkader sollte in Europa zu Erfahrung und Reife zu verholfen werden. Nicht zuletzt deshalb ist auch die Spielergewerkschaft der NFL einer der Partner des Europaprojektes.
Die neue Zielsetzung der Liga konzentriert sich offenbar auf eine Art Werbetätigkeit für die amerikanische Nationalsportart. „Die NFL Europa soll das Potential des Footballs demonstrieren“, sagte Bergheim. Dazu benötigt die Liga jedoch dringend das Fernsehen als Bühne. Bis auf eine einstündige Zusammenfassung des Finales, die in den frühen Morgenstunden des Sonntags nach der Boxnacht über die Fernsehschirme flimmerte, war die NFL Europa in den Programmen der ARD so gut wie nicht vertreten. Das Erste hatte sich die Senderecht am Super-Bowl-Finale gesichert, sich aber nur eine unverbindliche Absichtserklärung, europäischen Football in den dritten Programmen präsentieren zu wollen, abringen lassen. Es blieb bei den Absichten. „Dass es Sportarten, die im Fernsehen nicht oder nur wenig gezeigt werden, schwer haben, ist bekannt“, sagte Bergheim.
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Marcus Maxwell punktet für Hamburg
Derweil scheuten sich die Funktionäre der NFL, beim World-Bowl-Finale wenigstens eine Einschätzung der Lage zu geben. NFL-Chef Roger Goodell war erst gar nicht gekommen. Und der für die internationalen Projekte der amerikanischen Liga zuständige Mark Waller hatte einen fest eingeplanten Gesprächstermin mit Journalisten einfach platzen lassen. Die Chance, von ihm etwas Aussagekräftiges zu erfahren, ordnete Maik Matischak, der Pressechef der NFL Europa „auf einer Skala von eins bis zehn bei zwei ein“. Auf diesem Niveau lassen sich wohl in etwa auch die Überlebenschancen der NFL Europa ansiedeln. Ihre Zukunft ist ungewiss.
Text: F.A.Z.
Bildmaterial: AP, dpa, REUTERS